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Zeit des Erzählens und der Geschichten
Der Schriftsteller und Mundartdichter Otto Knopf hat es so beschrieben:
Der moderne Mensch macht die Nacht zum Tage. Nur eine kleine Bewegung, ein sanfter Druck - und jede Düsternis ist aus unseren Räumen verbannt durch helles, blendungsfreies Licht. Der Rhythmus von Tag und Nacht, der Wechsel der Jahreszeiten wird vielen nicht mahr bewusst. Das Dämmerige und Schattenhafte, in dem sich die harten Umrisse der Dinge auflösen, das unser Gemüt ansprechen will, wirkt störend auf alle, die im Begreifbaren, im erbarmungslosen Realitätsdenken verhaftet sind.
Und doch braucht jeder Mensch täglich eine kurze Spanne Zeit, in der er sein Innerstes wieder aufladen kann durch das, was zwischen Himmel und Erde verborgen ist und nur mit der Seele mehr erahnt als erfasst werden kann.
Das war sicher einmal anders. Wenn das Licht des Tages langsam schwand und die Petroleumlampe aus Gründen der Sparsamkeit noch nicht angezündet wurde, kam die Stunde des Erzählens. Es war noch kein Feierabend, denn für die Handweber unserer Heimat, für die Stickerinnen und viele andere Menschen ging anschließend die Arbeit weiter, oft bis spät in die Nacht. Aber das Zwischenlichten war ein Atemholen der Seele...
Quelle: Otto Knopf, Vorwort aus dem Buch "Zwischenlichten" vom Ackermann Verlag, Hof
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